Rubin - Rubine rote "Saphire"
Allgemein
Erst um 1800 erkannte man, dass Rubine und Saphire Edelsteinvarietäten des Korundes (kristallisierte Tonerde = Aluniniumoxid, Al2O3) sind. In der klassischen Nomenklatur bezeichnet man rote Korunde als Rubine. Alle anders farbigen Korunde werden zu den Saphiren gezählt. Mit dem Namen Saphir, ohne Zusatz, wird immer nur der blaue Saphir bezeichnet. Alle anderen bekommen einen Zusatz entsprechend Ihrer Farbe, z.B. "gelber" Saphir. Eine spezielle orange-rosa Farbe, wird "Padparadscha" (Lotosblüte) genannt. Farbloser Korund heißt auch Leukosaphir (gr. "weiß").
Ein Sanskritname für Rubine ist "Kuruwinda", in Hindi werden die Korunde als "Kurund" bezeichnet.
Den hohen Glanz und die lebhafte Brillanz verdanken die Korunde der hohen Lichtbrechung, die im Durchschnitt bei 1,765 liegt. Der Härtegrad liegt auf der Mohs'schen Skala bei 9 (Diamant bei 10). Die Schleifhärte der Korunde ist 140 mal geringer als die der Diamanten.
Entstehung und Gewinnung
Edelsteine (Mineralien) entstanden vor Millionen von Jahren, als feuerflüssiges Magma und Gase der Erdtiefe in die Nähe der Erdoberfläche kamen, abkühlten und kristallisierten. Muttergesteine der Rubine und Saphire sind Alkali-Basalte, Marmore, Skarne, Pegmatite, Amphibolite, Gneise oder seltene Metamorphite.
Aluminium und Sauerstoff, aus deren Verbindung Korund besteht, gehören zu den häufigsten Elementen der Erdkruste. Die Voraussetzung für die Entstehung eines Korundes ist aber ein Siliziumarmes oder Siliziumfreies Umfeld. Da Silizium so gut wie überall vorkommt, ist es äußerst selten, dass Aluminiumoxid kristallisieren kann. Damit sich Korund in Edelsteinqualität bildet, braucht es noch weitere Bedingungen: bestimmte Temperaturen und Druckverhältnisse sowie sehr viel Ruhe, um eine kontinuierliche Kristallisation zu gewährleisten.
In Sri Lanka, wo aus dem glutflüssigen Magma der Erdtiefe Pegmatit*-Schmelzen in die Gebirge gepresst wurden, verwitterten diese wahrscheinlich im laufe der Zeit durch den jährlichen Monsunregen. Die Gesteinsmassen wurden durch die Erosion der angeschwollenen Flüsse zersetzt und in die Talsohlen gespült. Korund findet sich meist zusammen mit weiteren Edelsteinen und Geröll als Ablagerung ehemaliger Flüsse und Bäche. Die Gewinnung erfolgt überwiegend in diesen alluvialen* Vorkommen, seltener im anstehenden Gestein. In Sri Lanka liegen die bis zu 60 cm mächtigen Seifenlagerstätten* nur einen bis zehn Meter tief, so dass die Gewinnung durch Anlegen kleiner Gruben und Auswaschen des edelsteinhaltigen Flussschotters erfolgt. Die letztendliche Auslese geschieht von Hand. Diese Art der Edelsteingewinnung hat sich in den letzten zweitausend Jahren in Sri Lanka kaum verändert.
Die Entstehung der Farben
Korund ist in seiner reinen Form farblos. Erst durch kleinste Beimengungen einiger Elemente der vierten Reihe des Periodensystems, die sich während des Kristallisationsprozesses in das Kristallgitter einfügen, wird ein fast vollständiges Farbenspektrum hervorgebracht. Die blaue Farbe entsteht durch zweiwertiges* Eisen (Gehalt: 0,01 - 1 %) oder der Kombination von Eisen und Titan. Bei der gelben Farbe ist es etwas komplizierter: neben dreiwertigem* Eisen spielen wohl noch unterschiedliche Farbzentren eine Rolle. Violette Farbtönungen entsehen durch die Kombination von Blau (Eisen/Titan) und Rot (Chrom) sowie durch Vanadium. Grüne Farben entstehen aus der Kombination von blau und gelb. Die rote Farbe entsteht durch Chrom (Gehalt: 0,02-0,6 %).
Vorkommen
Die begehrtesten Saphir-Qualitäten kamen früher aus Kaschmir / Indien, wo sich die Lagerstätten in 5.000 m Höhe im Zaskar-Gebiet, 200 km südöstlich von Srinagar befinden. 1880 wurden hier nach einem Bergsturz in 5000 Meter Höhe, im Süden der indischen Provinz, Saphire gefunden. Da sich die Vorkommen relativ schnell erschöpften wurden die Abbaustätten 1951 geschlossen. Die heute als Kaschmir-Saphire angebotenen Steine kommen meist aus Burma. Ende der 70er Jahre hat man in Kaschmir die wohl höchsten Rubinmienen der Welt entdeckt (3810 m und 4.360 m). Aufgrund der schweren Zugänglichkeit, des Wetters und der politischen Lage konnten die Mienen aber bis heute nicht effektiv bearbeitet werden. Die ältesten Vorkommen werden aus Sri-Lanka berichtet, wo schon im Altertum nach Edelsteinen gegraben wurde. Auch heute noch ist Sri-Lanka einer der bedeutendsten Lieferanten. Es werden über 40 Arten von Edelsteinen abgebaut. Vor allem im Gebiet um Ratnapura, "Stadt der Edelsteine", im Südwesten der Insel, befinden sich Hunderte von kleinen Abbaustellen. In keinem anderen Land werden auf so kleinem Raum so viele Edelsteine gefördert wie in Sri-Lanka. Ca. 20% des Landes sind potentielle Abbaugebiete.
Bei Mogok dem klassischen Abbaugebiet für Rubine in Myanmar (früher: Burma) wurden alluviale Lagerstätten ausgebeutet, die neben Korund auch Spinell enthalten. 1966 wurde hier der größte Sternsaphir gefunden, ein Kristall von 63.000 Karat (= 12,6 kg). Seid den 90er Jahren entwickelten sich die Mienen in der Nähe des kleinen Städtchen Mong Hsu im Nord- Osten des Landes zu einem großen Rubinproduzenten. Die Steine dieser Region bekommen Ihre Schmuckqualität allerdings erst durch Hitzbehandlungen. Außerdem enthalten fast alle Steine aus Mong Hsu Rissfüllungen, meist Borax, um die optische Erscheinung zu verbessern.
In Thailand sind zwei Korund-Lagerstätten bekannt: eine liegt bei Chanthaburi, 220 km südöstlich von Bangkok. Die andere bei Kanchanaburi, 120 km nordwestlich der Hauptstadt. Über Bangkok gelangen die meist schon geschliffenen Steine auf den internationalen Markt. Weitere Lagerstätten gibt es in Australien (Queensland und New South Wales), den USA (Montana), Russland, Brasilien, Vietnam (im Westen), Nepal, China, Laos (Ban Huai Sai), Pakistan (Hunza-Tal)und Afghanistan (Jegdalek). In Afrika: Burundi, Kenia, Madagaskar, Malawi, Namibia, Simbabwe, Nigeria, Ruanda, Tansania und Zaire. Außerdem gibt es noch kleinere Vorkommen in einigen europäischen Ländern. Die gegenwärtig wirtschaftlich bedeutenden Korund-Lagerstätten liegen in Sri Lanka, Myanmar und Thailand.
Künstliche Farbveränderungen
Durch Hitzebehandlung (Brennen) kann es zu einer Aufhellung oder Vertiefung bestimmter Farbtöne kommen. Selbst Steine von unscheinbarer Farbe können sich so in eine kräftige Farbe überführen lassen. Auch trübe oder seidig-weiße Steine können mit dieser Methode zu klaren Steinen werden. In Sri Lanka hat man die Hitzebehandlung bei Rubinen wahrscheinlich schon zu historischen Zeiten durchgeführt. Die Steine wurden in einer Tonpaste zusammen mit gebranntem Korallenkalk und Reiskörnern im Holzkohlenfeuer mit Hilfe eines Blasrohres erhitzt. Heute erreicht man die notwendigen Temperaturen durch Verbrennen von Öl- oder Gas-, Luft oder Sauerstoff-Gemischen. Es werden aber auch immer mehr elektrische Öfen eingesetzt. Die Temperaturen liegen teilweise über 1.500 Grad.
Bei den helleren blauen Saphiren ist meistens nur Eisen (Fe) als farbwirksames Element in der Kristallstruktur des Korundes enthalten. Das Titan ist nicht im Korundgitter eingebaut, sondern liegt, wenn vorhanden, als entmischte Rutilnadeln (TiO2) vor. Nach der Hitzebehandlung kommt es zu einer Entmischung des Titans und es steht nun als farbgebendes Element zur Verfügung. Dies führt zu einer wesentlichen Verbesserung der Farbintensität.
Bei den höheren Temperaturen können auch eingelagerte Rutile (TiO2) zum Verschwinden gebracht werden, was zu einer besseren Klarheit der Steine führt.
Da fast alle Korunde heutzutage "gebrannt" sind, hat man sich darauf geeinigt, diese Art der Behandlung nicht mehr im Zertifikat erwähnen zu müssen. Nicht "gebrannte" Steine von schöner Farbe und Klarheit sind sehr selten und entsprechend teuer. Lassen sich die "gebrannten" Korunde von den "ungebrannten" unterscheiden? Die hohen Temperaturen führen zu verschiedenen Veränderrungen die man mit der Lupe, unter UV-Licht oder im Labor nachweisen kann.
Ein weiteres Verfahren, dass es erst seid einigen Jahren gibt und hauptsächlich bei den braunen Madagaskar Rubinen verwendet wird, ist die Oberflächen-Diffusionsbehandlung. Hier kommt es zu einer Ausbildung einer dünnen Farbschicht auf der Oberfläche des Steines, um sie in einem kräftigen rot oder orange-rot erscheinen zu lassen.
Das Schleifen
Die meisten Steine werden in den Ländern geschliffen in denen sie gefunden werden. Bevor der Schleifer den Rohstein an die Schleifscheibe hält, um ihm seine endgültige Erscheinung zu geben, muss er sich entscheiden wie er den Stein schleifen will. Folgende Kriterien werden berücksichtigt: ein möglichst geringer Gewichtverlust, da der Preis des Steines stark von seinem Gewicht abhängt; eine schöne Farbe, die Farbverteilung im Stein ist nicht überall gleich; ein optimales Proportionsverhältnis um eine gute Brillanz und ein gutes aussehen zu bekommen und richtig angelegte Facetten um einen guten Schliff zu erhalten, was die Brillanz unterstützt. Leider sind viele Steine aus den Ursprungsländern nicht sehr gut geschliffen, so dass sie einer Nachbearbeitung bedürfen. Zu sehr stellt man das Gewicht in den Fordergrund und nicht die Erscheinung.
Spezielle Effekte
Eingeschlossene Rutilnadeln, Titanoxid, TiO2, ein im tetragonalen Kristallsystem kristallisierendes Oxid-Mineral, das in verschiedenen Farben vorkommen kann, bringt durch eine hohe Lichtbrechung (etwa 2,909 ) im Rubin und Saphir einen zarten Schimmer hervor, der als "Seide" bezeichnet wird.
Ein besonderes Phänomen sind die Sternrubine und Sternsaphire. Der Sterneffekt (Asterismus) auf den als Cabochon (Schliffform mit gewölbter Oberfläche, ohne Facetten) geschliffenen Steinen entsteht durch Lichtbrechung an den haarfeinen Rutilnadeln die hier orientiert eingelagert sind. Die meisten Sternkorunde stammen aus Ceylon (Sri Lanka).
Farbwechselnde Korunde sind sehr selten. Der Farbwechsel geschieht in den meisten Fällen von blau-violett nach purpur oder von blau-grau nach rot.
Auch zweifarbige Saphire (z.B. blau-orange) sind sehr selten.
Rubin
Der Rubin trägt seinen Namen wegen der roten Farbe, lat.: rubens. Einer der Sanskritnamen des Rubins wird mit "Herr der Edelsteine" übersetzt.
Erst seid ca. 100 Jahren, seid uns die technischen Möglichkeiten zur Verfügung stehen, benennen wir die Steine nach ihren mineralogischen Gesichtspunkten. Vorher war eine Unterscheidung oft sehr schwierig (siehe weiter unten "Spinell"). So nannte man noch vor der Zeit des Mittelalters alle durchsichtigen, roten Steine in Europa "Carbunculus". Aus dem Begriff Carbunculus wurde später "Karfunkel" abgeleitet. Albertus Magnus (1193-1280) erwähnt in seiner Schrift "Liber Mineralium" drei Unterarten des Carbunculus: Balagius, Granatus und Rubinus. Wahrscheinlich sind damit die uns heute bekannten Steine: roter Spinell, roter Granat und Rubin, gemeint. Er schreibt, dass der Rubin der wahre Karfunkel ist, "qui vere dicitur carbunculus". Aber auch roter Granat wurde oft als Karfunkel bezeichnet. Eine Diskussion zu diesem Thema findet sich in dem Buch "Die Namen der Steine" von Hans Lüschen.
Berühmte Rubine
Im American Museum of Natural History in New York liegt der "Delong" Sternrubin von 100 Karat. Im Smithsonian Institut in Washington ist der "Rosser Reeves" Sternrubin von 138,7 Karat (Walnussgröße) zu sehen.. Ein Rubin von besonderer Schönheit ist der Edward-Rubin, 167 Karat im British Museum of Natural History in London. Sehr schön ist auch der "Friedens-Rubin" von ca. 41 Karat. Er wurde am Ende des ersten Weltkrieges gefunden. Die böhmische St. Wenzelskrone (Prag) trägt einen facettierten Rubin von 250 Karat. 1993 wurde "The Mogok Sun" in Myanmar (früher: Burma) gefunden. Er wiegt 1734 Karat und blieb in seinem Ursprungszustand erhalten, d.h. ungeschliffen und unbehandelt.
Rissfüllungen aus Bleiglas
Seit März 2004 werden im Handel immer mehr Rubine beobachtet, die nach einem neuen Verfahren behandelt sind. Es handelt sich dabei um Rissfüllungen aus Bleiglas*. In ähnlicher Weise wie bei Rubinen mit künstlicher Rissheilung (Rückstände der Boraxschmelze), werden bei der neuen Behandlungstechnik Risse, die an die Oberfläche der Steine reichen, mit Fremdsubstanz gefüllt, um die optische Erscheinung der Rubine zu verbessern. Als Füllsubstanz dient Bleiglas. Dieses besitzt eine Erweichungstemperatur je nach Bleigehalt von 490 bis 520°C und kann somit bei für Korunde relativ geringen Brenntemperaturen in aufgeschmolzener Form in Risse eindringen. Diese Art der Behandlung muss angegeben werden.
Synthesen
Dem französischen Chemiker A.V. Verneuil gelang es 1888 synthetische Rubine und 1910 synthetische Saphire in Schmuckqualität zu züchten. Das von ihm entwickelte Schmelz-Tropf-Verfahren wird bis heute im großen Umfang angewendet. In einem Ofen wird bei etwa 2.000 Grad Aluminiumoxid mit färbenden Zusätzen geschmolzen. Die niederfallenden Tropfen kristallisieren und bauen eine birnenförmige Form auf, die Schmelzbirne. Obwohl sie keine erkennbaren Kristallflächen besitzen sind sie im inneren einem natürlichen Kristall völlig gleich. Die Wachstumszeit beträgt nur einige Stunden.
1918 gelang dem deutschen Chemiker, I. Czochralski, in einem ähnlichem Verfahren große synthetische Kristalle von höchster Reinheit herzustellen. Seid den 80er und 90er Jahren werden immer bessere Rubin-Synthesen in den USA und Russland hergestellt. Lichtbrechung, Dichte und Absorptionsspektren entsprechen denen natürlicher Rubine. Für eine klare Differenzierung müssen mikroskopische und chemische Merkmale herangezogen werden, was nur den großen Edelsteinlabors möglich ist.
Preise
Ein guter, blauer Saphir erzielt bei Gewichten über ein Karat niemals die hohen Preise wie der Rubin, da Saphire in wesentlich größeren Mengen gefunden werden. Rubine gehören in großen, guten Qualitäten zu den teuersten Edelsteinen und sind in diesem Bereich auch seltener als entsprechende Diamanten. Rubine über 5 Karat kommen wesentlich seltener vor als blaue Saphire. Gelbe Saphire liegen unter den Preisen von blauen Saphiren. Der Preis richtet sich hauptsächlich nach Farbe, Größe und Klarheit der Steine. Bei Sternkorunden richtet sich der Preis nach der Erscheinung des Sterneffektes.
Spinell
Spinelle wurden oft mit Rubinen und Saphiren verwechselt. Der Spinell (Magnesium-Aluminat, MgAl2O4) kommt in vielen Farben vor. Er hat eine Lichtbrechung von 1,712 - 1,762. Der Härtegrad liegt auf der Mohs'schen Skala bei 8 und sie finden sich auch oft dort, wo Rubine und Saphire abgebaut werden (vor allem in Myanmar und Sri Lanka). Erst vor 150 Jahren wurden Spinelle als selbständiges Mineral erkannt. So wurde erst im frühen 19. Jahrhundert aufgrund der technischen Möglichkeiten festgestellt, dass viele als Rubin eingestuften Steine keine Rubine, sondern Spinelle sind. In der englischen Staatskrone (ausgestellt im Tower in London) befindet sich der "Black Prince's Ruby". Ein angeblicher Rubin, ungeschliffen, poliert, 5 cm hoch, der jedoch, wie sich später herausstellte, ein Spinell ist. Noch weitere angebliche Rubine ereilte das gleiche Schicksal. Der "Timur Ruby", 361 Karat in einer Halskette der englischen Kronjuwelen oder die "Rubine" der Wittelsbacher Krone von 1830. Große Steine und Stern-Spinelle sind sehr selten.